Ich habe folgenden Wahlprüfstein des Friedenskreises Halle e.V. erhalten:
Sehr geehrte Kandidatin, sehr geehrter Kandidat,
am 22. September stellen Sie sich den Bürgerinnen und Bürgern im Wahlkreis Halle (Saale) für den Einzug in den Bundestag zur Wahl. Wir als Friedenskreis Halle e.V. möchten Sie gerne zu für uns wichtigen Themen befragen und Ihre Antworten, verbunden mit dem Aufruf zur Beteiligung an der Wahl, unseren Mitgliedern und der interessierten Öffentlichkeit bekannt machen. Auskünfte zu uns und unserer Arbeit finden Sie auf der Internetseite
www.friedenskreis-halle.de und in der beiliegenden Selbstvorstellung. Unsere Fragen beziehen sich auf unsere drei Arbeitsfelder Friedenspolitik, Friedensdienste und Friedensbildung. […]
Mit freundlichen Grüßen
Christof Starke
Geschäftsführer
Im Folgenden findet ihr meine Antworten zu ihren Fragen:
Allgemeines persönliches Statement
Ich danke Ihnen für Ihre Fragen. Die Piratenpartei ist eine offene, basisdemokratische Partei mit vielen Einflüssen verschiedenster Menschen- und Bürger*innenrechtsbewegungen sowie politischen Gruppierungen. Gerne laden wir Sie dazu ein mit uns einen Dialog zu starten oder gar gemeinsam für eine freie, friedliche und demokratische Welt zu handeln. Die Piratenpartei steht allen offen, die sich zu einer offenen Gesellschaft und einem respektvollem Miteinander bekennen. Dahingehend laden ich Sie ein, bei Interesse unsere niedrigen Hürden zur politischen Arbeit in Anspruch zu nehmen.
Mit besten Grüßen
Stephan Schurig
Waffenhandel
Angesichts der unzureichenden rechtlichen Rahmenbedingungen und des fehlenden politischen Willens, dies zu verhindern, konnte Deutschland zum drittgrößten Waffenexporteur der Welt aufsteigen. Kaum ein Krieg, in dem nicht deutsche Waffen beiderseits der Fronten zum Einsatz kommen.
Frage: Setzen Sie sich im Falle Ihrer Wahl dafür ein, dass der Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern grundsätzlich verboten wird?
Antwort: Wir Piraten denken und handeln global. Dabei formulieren wir nicht die Interessen Deutschlands oder Europas, sondern eine Außenpolitik, welche die Bedürfnisse aller Menschen im Blick hat.
Rüstungsexporte stehen unserem Ziel einer zivilen Konfliktlösung entgegen. Daher lehne ich diese ab und setzte mich im Bundestag für ein absolutes Rüstungsexportverbot ein. Der Bundessicherheitsrat, der geheim tagt und keiner parlamentarischen Kontrolle unterliegt, ist ersatzlos aufzulösen.
Rüstungsexportgeschäfte sind höchst intransparent: Brisante Exportgenehmigungen werden in geheimen Sitzungen des Bundessicherheitsrats mit Mehrheit entschieden, unzureichende Rüstungsexportberichte erst Ende des Folgejahres publiziert.
Frage: Setzen Sie sich im Falle Ihrer Wahl für eine zeitnahe Informationspflicht der Abgeordneten, für namentliche Abstimmungen und für ein Vetorecht des Deutschen Bundestages sowie für transparente Rüstungsexportberichte ein?
Antwort: Ich lehne Rüstungsexporte ab, daher erübrigt sich auch ein Rüstungsexportbericht. Wir Piraten setzen uns prinzipiell für mehr Transparenz in der öffentlichen Verwaltung und in Ministerien ein. Ihre Forderung zur zeitnahen Informationspflicht für Abgeordnete, namentlichen Abstimmung sowie für ein Vetorecht des Parlaments begrüße ich uneingeschränkt.
Zivile Konfliktbearbeitung
Politik und Medien interessieren sich meist erst dann für internationale Konflikte, wenn es schon zu spät ist. Der Einsatz des Militärs wird dann oft als unvermeidbare Notwendigkeit angesehen. Weltweit und auch im deutschen Haushalt übersteigen Militärausgaben die Mittel für zivile Gewaltprävention und Konfliktbearbeitung um ein Vielfaches. Konflikte lassen sich aber nicht dauerhaft militärisch beilegen.
Frage: Werden Sie darauf achten, dass bei der Suche nach Reaktionsmöglichkeiten auf gewaltsame Krisen eine militärisch-kriegerische Reaktion ausgeschlossen wird, um so den Blick auf die Bearbeitung und Lösung von Konflikten ohne Militär und Krieg zu schärfen?
Antwort: Ich unterstütze Ansätze, die sich gegen Gewalt aussprechen. Wir Piraten suchen selbst nach einer zufriedenstellenden Antwort im Umgang mit Konflikten und Völkermord. Wir treten weltweit für die Förderung der Zivilgesellschaft und die Lösung von Konflikten mit friedlichen Mitteln ein. Durch einen globalen sozialen Ausgleich, die Förderung von Bildung und gesellschaftlicher Teilhabe, einer Stärkung der Rechte der Schwachen im Völkerrecht, der Aufhebung von menschenrechtsverletzenden Wirtschaftsmonopolen sowie Spekulationen und einem Umdenken in der Drogenpolitik, wollen wir die strukturellen Ursachen von Gewalt angehen. Ganz praktisch werde wir bei Konflikten aktiv eingreifen, allerdings nicht indem wir Waffen liefern oder selbst Truppen entsenden. Wir setzen auf Empowerment und Emanzipation durch Information, der Abkehr von Politik durch Einschüchterung und Angst und eine Hinwendung zu einer gemeinsamen und gemeinwohlorientierten Politik weltweit. Die Menschen vor Ort in Konflikten werden wir konkret durch die plattformneutrale Wirkung von Informationen und Aufklärung unterstützen eine eigene Lösung zu finden. Ergebnisoffene Mediation, Ausbau der internationalen Gerichtsbarkeit, Austrocknung der Kapitalströme von verantwortlichen Kriegsprofiteuren, solidarische und transparente Entwicklungszusammenarbeit und ein Bündel an zahlreichen weiteren Maßnahmen sollen Konflikte eindämmen. Für mich ist die Ächtung von physischer Gewalt als Mittel der Politik selbstverständlich und daher unterstütze ich andere Reaktionsmöglichkeiten.
Angesichts von weltweit 35 bewaffneten Konflikten braucht es vielmehr ein umfassendes, friedenspolitisches Leitbild und Handlungskonzept. Als ein bewährter Ansatz der zivilen Konfliktbearbeitung ist es die Idee des Zivilen Friedensdienstes, die zivilgesellschaftlichen Kräfte in der Gesellschaft dabei zu stärken, Gewalt ohne die Verwendung militärischer Mittel einzudämmen. Seit 1999 wurden rund 900 speziell ausgebildeter ZFD-Fachkräfte in Krisenregionen entsandt.
Frage: Werden Sie sich für den umfassenden Ausbau des Zivilen Friedensdienstes und weiterer Instrumente der zivilen Konfliktbearbeitung einsetzen?
Antwort: Es gibt ja derzeit die Forderung, denn Zivilen Friedensdienst (ZFD) mit 20 Millionen Euro pro Jahr stärker zu fördern. Ich würde weit darüber hinausgehen. Der ZFD muss zu einem zentralen Element in unserem Umgang mit anderen Gesellschaften werden. Der Verteidigungshaushalt von über 30 Mrd. Euro muss massiv abgebaut und der Einsatz der Bundeswehr auf Landesverteidigung beschränkt werden. Diese Mittel sollten besser in den Zivilen Friedensdienst, die Friedensforschung und die Entwicklungszusammenarbeit fließen.
Atomare Abrüstung
Deutschland ist über die NATO unverändert an einer Strategie beteiligt, die den Einsatz von Nuklearwaffen einplant. Vermutlich über 20 US-Atomwaffen des Typs B61 sind noch immer im Fliegerhorst Büchel eingelagert.
Frage: Setzen Sie sich im Falle Ihrer Wahl für einen zeitnahen Abzug der letzten verbliebenen Nuklearsprengköpfe aus Deutschland ein? Werden Sie die deutsche Bundesregierung auffordern, die Strategie der Nuklearen Abschreckung auch auf NATO-Ebene abzulehnen?
Antwort: Ich teile die Vision einer kernwaffenfreien Welt und möchte diese durch konkrete Schritte – wo immer sie sich ergeben – verwirklichen. Dazu unterstütze ich Initiativen, welche Kommunikation, Vertrauensbildung und Transparenz zwischen den Staaten unter Berücksichtigung der jeweiligen Sicherheitsinteressen fördern. Die Ziele der nuklearen Abrüstung und Nichtverbreitung sollen dabei parallel verfolgt werden.
Wir Piraten lehnen die nukleare Teilhabe ab und setzen uns für ihre Abschaffung innerhalb der NATO sowie den unilateralen Abzug der Kernwaffen aus Deutschland und der US-amerikanischen Kernwaffen aus allen europäischen Staaten ein. Dies wäre eine vertrauensbildende Maßnahme, mit der weitere nukleare Abrüstung erleichtert werden soll. Weiterhin fordern wir die Veröffentlichung der Bestände des militärischen Nuklearmaterials und der Sprengkopfzahlen.
Friedensbildung und internationale Freiwilligendienste
Tägliche Berichte von Kriegen und gewaltsamen Konflikten erzeugen eine scheinbare Ohnmacht, selbst nichts dagegen machen zu können. Dies führt nicht selten auch zum verstärkten Ruf nach bewaffneten Interventionen. Die Bildungsarbeit der Bundeswehr durch ihre Jugendoffiziere verstärkt dieses Bild weiter und ist eng mit der Werbung für den Wehrdienst verknüpft. Weniger bekannt sind hingegen die zivilen Mittel, die wir in Deutschland haben, um uns gegen globale Gewalteskalationen zu engagieren. Eine differenzierte Friedenspädagogik kann diesem Ungleichgewicht entgegenwirken, indem sie konkrete, gewaltfreie Handlungsalternativen aufzeigt, ist aber notorisch unterfinanziert.
Frage: Sind Sie bereit, sich für einen Ausbau der Friedenspädagogik, die von zivilgesellschaftlichen Trägern an Schulen, Jugendeinrichtungen und in der Erwachsenenbildung durchgeführt wird, einzusetzen und diese strukturell sowie finanziell zu fördern?
Antwort: Ich unterstütze ihre Forderung im vollen Umfang und finde ihr Engagement nachahmenswert. Gewalt und Militäreinsätze werde durch die Regierung als alternativlos dargestellt. Eine breite politische und vor allem gesellschaftliche Gegenbewegung ist erforderlich und der Ausbau der Friedenspädagogik könnte frühzeitig dazu beitragen ein Problembewusstsein zu schaffen.
Internationale Freiwilligendienste junger Menschen haben eine über 100jährige Tradition, als Friedensdienste zur internationalen Versöhnung, Begegnung und Solidarität beizutragen.
Frage: Sind Sie bereit, sich für den weiteren Ausbau der internationalen Freiwilligendienste einzusetzen, sodass für jede/n interessierte/n Jugendliche/n die Möglichkeit zur Teilnahme besteht?
Antwort: Freiwilligendienste für den Frieden sind mir wichtig und ich werde mich dafür einsetzen diese aktiv zu fördern. Durch das bedingungslose Grundeinkommen, für das wir PIRATEN uns einsetzen, würde ehrenamtliches Engagement in viel größerem Umfang ermöglicht werden.