Wahlprüfsteine des EUD & JEF

Hier ein etwas älterer Wahlprüfstein vom EUD und JEF, den ich hier noch einmal veröffentlichen möchte:

1. Die überparteiliche Europa-Union Deutschland (EUD) wie auch die Jungen Europäischen Föderalisten (JEF) Deutschland sprechen sich in ihren jüngst verabschiedeten Grundsatzprogrammen für die Schaffung eines föderalen europäischen Bundesstaates aus.
Teilen Sie dieses Ziel?
Sollte hierzu unter Beteiligung der Zivilgesellschaft ein Konvent einberufen werden?

Antwort:

Wir Piraten fordern in unserem Grundsatzprogramm ein durch eine gemeinsame Verfassung konstituiertes rechtsstaatliches, demokratisches und soziales Europa. Konkret fordern wir in unserem Wahlprogramm für die kommende Bundestagswahl die Einberufung eines Verfassungskonvents für die Europäische Union. Auf die endgültige Form haben wir uns dabei nicht festgelegt. Es spricht aber aus unserer Sicht prinzipiell nichts gegen einen föderalen europäischen Bundestaat.

2. Eine der Ursachen für die seit Jahren andauernde „Euro-Krise“ liegt in der unvollendeten Wirtschafts- und Währungsunion.
Sehen Sie die Notwendigkeit, die vergemeinschaftete Währungspolitik durch eine vergemeinschaftete Wirtschafts- und Finanzpolitik zu ergänzen? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, welches sind Ihre konkreten Vorstellungen?

Antwort:

Ja, aber Voraussetzung für eine weitere vergemeinschaftung muss zuerst einmal eine weitergehende Demokratisierung der EU sein. Ohne ausreichende demokratische Legitimation wäre eine Übertragung weiterer Befugnisse nicht zu rechtfertigen. Wir fordern unter anderem einen Marshall-Plan für Europa, ein Investitionsprogramm, das langfristiges Wachstum fördert, die Einführug von Trennbanken und eine von der EZB unabhängige Finanzaufsichtsbehörde.

Mehr dazu finden Sie unter http://wiki.piratenpartei.de/Bundestagswahl_2013/Wahlprogramm#Europ.C3.A4ische_Wirtschafts-_und_W.C3.A4hrungsunion

3. Sind Sie der Auffassung, dass die EU einen Haushalt bekommen soll, der sich aus eigenen Steuereinnahmen – bei gleichbleibender Belastung der Bürgerinnen und Bürger – speist?

Antwort:

Eine demokratische EU der Bürger*innen, nicht der Mitgliedsstaaten, kann nicht auf Almosen derselben angewiesen sein. Sonst bleibt die Union zu sehr Spielball nationaler Interessen. Sie wird zwangsläufig eigene Einnahmen erfordern. Vergemeinschaftung kann dabei in manchen Bereichen sogar Verwaltung reduzieren und damit die Belastung der Bürger*innen insgesamt sogar senken.

Als Beispiel dafür, was wir als europäische Aufgabe sehen, setzen wir uns dafür ein, dass auf EU-Ebene auf alle unbaren Geldtransaktionen eine minimale Abgabe von z.B. 0,1 bis  0,2 % erhoben und daraus allen Bürger*innen der EU monatlich ein individuelles bedingungsloses Sockeleinkommen ausgezahlt wird.

Mehr dazu finden Sie unter https://wiki.piratenpartei.de/Wahlen/Bund/2013/Wahlprogramm#Europ.C3.A4isches_bedingungsloses_und_steuerfreies_Sockeleinkommen

4. Würden Sie angesichts der hervorgehobenen Stellung Deutschlands in der Krisenbekämpfung die mögliche Sorge unserer europäischen Partner vor einem „deutschen Europa“ als berechtigt ansehen?

Antwort:

Wir sehen in der Krisenpolitik einen undemokratischen Rückschritt im europäischen Integrationsprozess.

5. Welche prioritären Ziele sollte die deutsche Europapolitik zur Überwindung der Krise verfolgen?

Antwort:

Restrukturierung maroder Banken und die Kontrolle der Finanzmärkte, ein Schuldenschnitt für die Krisenstaaten, Lohnerhöhungen duch einen einheitlichen Mindestlohn in Deutschland, Schutz von Privat- und Kleinanleger*innen bis zu einer gewissen Summe und Investitionen in Form eines Marshall-Plans für Europa.

6. Wesentliche Maßnahmen zur Krisenbekämpfung (ESM, Fiskalpakt) wurden außerhalb der EU-Verträge als völkerrechtliche Vereinbarungen ins Werk gesetzt.
Sind Sie der Auffassung, dass diese Regelungen zum nächstmöglichen Zeitpunkt in die EU Verträge überführt und damit auch der demokratischen Kontrolle des Europäischen Parlaments unterworfen werden müssen?

Antwort:

Wir lehnen die massenweise Finanzierung von Staatsschulden zweifelhaften Wertes über die Europäische Zentralbank (EZB) und den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) strikt ab. Die Entscheidungen des europäischen Gouverneursrates zur Verwendung der Mittel und zur Vergrößerung der Rettungsschirme sollen durch die demokratisch gewählten Volksvertreter*innen des Europäischen Parlaments beschlossen und kontrolliert werden.

7. Sind Sie der Auffassung, dass das Europäische Parlament durch Zuerkennung des Initiativrechts und durch die Möglichkeit einer Wahl der Kommission ohne nationale Vorgaben gestärkt werden soll? Sind echte europäische Parteien erforderlich?

Antwort:

Ja zu beiden Fragen. Die europäischen Piratenparteien befinden sich gerade in der Gründungsphase zu einer echten europäischen Partei, der PPEU.

8. Wie stehen Sie zu der Forderung, dass alle in Deutschland lebenden EU-Bürgerinnen und EU-Bürger neben den Kommunal- und Europawahlen künftig auch an den Landtags- und Bundestagswahlen teilnehmen können sollten?

Antwort:

Ich finde diese Forderung längst überfällig und werde sie in jedem Fall unterstützen. In diesem Kontext, würde ich allerdings auch Nicht-EU-Bürger*innen dieses Recht einräumen wollen.

9. Sind Sie der Auffassung, dass künftig der europäische Außenminister die gemeinsamen europäischen Interessen nach außen vertreten sollte (und damit die nationalen Außenminister eine deutlich untergeordnete Rolle einnehmen)?

Antwort:

Ja, wir wollen ein Europa. Dazu gehört auch eine europäische Außenpolitik, welche aber direkter Beteiligungsmöglichkeiten wie Volksabstimmung bedarf.

10. Unter welchen Voraussetzungen würden Sie eine gemeinsame europäische Armee (anstelle der nationalen Streitkräfte) befürworten?

Antwort:

Bei Zustimmung der Bevölkerung im Rahmen eines verfassungsgebenden Prozesses ist langfristig eine europäische Armee möglich. Erforderlich dafür ist zwingend eine Demokratisierung der Europäischen Union und die vollständige Kontrolle des europäischen Parlaments über diese Armee. Zudem muss es ein klares Verbot von Einsätzen im Inneren gesetzlich verankert werden. Der Auftrag dieser Armee darf unter keinen Umständen über Selbstverteidigung hinausgehen.
Diese Armee muss zudem auf die folgenden Waffen verzichten:

  • atomare, biologische und chemische Kampfmittel
  • Uran-, Phosphor- und Streumunition
  • Anti-Personenminen
  • Nanotechnologie
  • bewaffnete Drohnen und autonome Offensiv-Waffensysteme
  • Techniken und Systeme zur offensiven Cyberkriegsführung

11. Sollte die EU in der Sozialpolitik mehr Kompetenzen bekommen, um den sozialen Ausgleich stärker zu fördern, wie zum Beispiel durch eine europäische Arbeitslosenversicherung (wie im Van Rompuy-Bericht vorgeschlagen wurde)?

Antwort:

Ja, damit wäre z.B. ein europäisches bedingungsloses und steuerfreies Sockeleinkommen, wie wir es fordern, möglich (siehe Frage 3).

12. Im 17. Deutschen Bundestag bilden mehr als 170 Abgeordnete der Fraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen eine überparteiliche Parlamentariergruppe der Europa-Union Deutschland.
Können Sie sich vorstellen, der Europa-Union Deutschland beizutreten, um dieser Parlamentariergruppe anzugehören?

Antwort:

Letztendlich können wir als Partei diese Frage nicht beantworten. Alle Abgeordneten sind in dieser Entscheidung genauso frei, wie in allen anderen und nur ihrem Gewissen verpflichtet. Einzelne Kandidat*innen auf den aussichtsreichen Plätzen zur Bundestagswahl 2013 haben sich aber schon wohlwollend zu dieser Idee geäußert. Letztendlich ist die Piratenpartei eine Partei, die dem Prozess der eropäischen Einigung positiv gegenüber steht. Es sollte also nicht verwundern, wenn viele Abgeordneten einer PIRATEN-Fraktion im Deutschen Bundestag dieser Gruppe beitreten.

Optional: Folgende Punkte zur europäischen Integration im Allgemeinen und zur Lösung der derzeitigen Krise sind mir persönlich besonders wichtig:

Das Defizit an demokratischer Legitimation in der Europäischen Union besteht seit ihrer Gründung und wurde im Zuge des europäischen Einigungsprozesses nicht entschieden genug angegangen. Dies zu beheben und Europa auf ein solides demokratisches Fundament zu stellen, ist das oberste Ziel aller PIRATEN. Zur Erreichung dieses Zieles wird es im weiteren Verlauf darauf ankommen, die politischen Prozesse transparenter und einfacher zu gestalten sowie einen gemeinsamen europäischen Kommunikationsraum zu schaffen. Politischen Entscheidungen auf europäischer Ebene müssen europaweite Debatten vorausgehen, an denen sich alle Menschen angemessen beteiligen können. Ohne gleichberechtigte und diskriminierungsfreie Kommunikation wird es diese angemessene Beteiligung nicht geben, und damit auch keine sachgerechten Entscheidungen im Sinne des Allgemeinwohls. Das Internet als neuer Kommunikationsraum bietet enorme Möglichkeiten, um allen Menschen politische Entfaltungschancen zu eröffnen, um die politische top-down Einwegkommunikation zu überwinden und um die Dominanz der Massenmedien zu durchbrechen. Die Freiheit des Internets werden wir PIRATEN daher auf europäischer und globaler Ebene mit aller Entschlossenheit verteidigen.

In der forcierten Einmischung der Europäischen Kommission in die Haushaltspolitik einzelner Mitgliedstaaten sehen wir PIRATEN eine Missachtung des Demokratieprinzips und eine akute Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung und den Einigungsprozess in Europa. Wir PIRATEN lehnen den europäischen Fiskalpakt daher als demokratisch nicht legitimierten Eingriff in die Haushaltshoheit der Mitgliedstaaten ab. Weitere Schritte zur Integration der Eurozone erfordern zwingend eine verstärkte demokratische Legitimation und Rechenschaftspflichten sowie die Ausweitung der parlamentarischen Kontrollrechte.