Markenspezifische Verben und Gattungsnamen

Mich reizt es schon lange eine Liste aller Worte zu machen, die umgangssprachlich stellvertretend für eine Tätigkeit oder eine Produktgruppe (Gattungsname) stehen, allerdings von einer Marke abgeleitet sind. Die wohl bekanntesten Worte hat bereits der Linguist Bernd M. Samland in seiner Dissertation durch Interviews identifizieren können. Interessant finde ich, wie es Unternehmen schaffen, die Sprache durch ein Produkt so sehr zu prägen bzw. uns so zu manipulieren.

Hier nun Beispiele für internetbezogene Worte:

  • googlen bzw. googeln (allgemein für Suchen via „Google“, aber auch unspezifischer für „Im Internet suchen“)
  • photoshoppen/shoppen (weiter verbreitet im Englischen, Bilder mit dem Bild-Bearbeitungsprogramm „Photoshop“ bearbeiten)
  • skypen (Internettelefonie, bekannt durch das Programm „Skype“)

Begriffe die es schon länger gibt:

  • dremeln (schnelldrehende Multifunktionswerkzeuge, abgeleitet von „Dremel“)
  • einwecken (Einmachgläser der Marke „Weck“)
  • flexen (Gattungsname für Winkelschleifer, abgeleitet m Markennamen „Flex“)
  • fönen (heute auch föhnen, stammt vom AEG-Markennamen „Fön“ bzw. „Foen“)
  • kärchern (frz. auch „karchériser“, abgeleitet vom Markennamen „Kärcher“ für Hochdruckreinigung)
  • pampern (möglicherweise von Pampers abgeleitet, oder vom engl. „to pamper“ – verhwöhnen)
  • spaxen (schrauben bzw. befestigen, abgeleitet von dem Schraubenhersteller Spax)
  • tuppern bzw. Tupper-Party („Tupperware“, also Küchenartikel aus Kunststoff)

Zuletzt noch Markennamen, die als Gattungsname fungieren, aber nicht als Verb benutzt werden:

Hier und hier findet ihr zwei weitere Listen.

Update: Castor geadded und alphabetisch geordnet

Die „Genderproblemlösungsstrategie“ oder „Wieso überhaupt gendergerechte Sprache?“

Nach einem Posting auf einer Mailingliste, in der die „Genderproblemlösungsstrategie“ in Form des Mozilla Firefox  bzw. Google Chrome Addons Binnen-I be gone gepostet wurde, hab ich mich dazu hinreißen lassen, mal etwas mehr dazu zu schreiben:

Ich finds immer wieder traurig, wie unsachlich sich manche hinsichtlich des Genders äußern. Ich möchte mal alle männlichen Kritiker sehen, die aufheulen würden, wenn man sie Kritikerinnen bezeichnet. Aber stimmt, Frauen sind ja so bevorzugt in unserer Gesellschaft, warum sollten wir sie überhaupt mitnennen (nennt sich übrigens generisches Maskulinum, was sprachwissenschaftlich auch sehr umstritten ist).

Und dann noch der Ausschluss von Menschen, die sich nicht einem der beiden Geschlechter zuordnen lassen wollen. Unser zweigeschlechtliches Wertesystem ist aufgrund biologistischer Theoreme entworfen wurden, die bei genauer Betrachtung dieses auch nicht stützt (siehe dazu bspw. den Vortrag eines Biologen über die Konstruktion des biologischen Geschlechts). Die Biologie und Medizin kennt Intersexualität (Zwitter) in verschiedensten Ausprägungen und die Ethnologie hat viele Beispiele parat von Gesellschaften, die nicht auf lediglich zwei Geschlechter aufbaut. Letztendlich ist Sprache in sozialwissenschaftlichen Theorien eine Form der Herstellung und Reproduktion von Macht, Hierarchien und Ungleichheiten. Wenn ich Menschen sprachlich unterteile, stecke ich sie Kategorien, d.h. nicht sie sind diejenigen, die über ihre Geschlechteridentität die Definitionshoheit haben, sondern andere. Der deutsche Staat erhebt nur zwei Geschlechter bei Menschen. D.h. sich als intersexuell, transsexuell, transgender oder sonstewas zu definieren ist zwar erlaubt, wird aber vom Staat dahingehend nicht anerkannt. Männer müssen sich nicht rechtfertigen, wieso sie als Mann bezeichnet werden wollen, aber Transfrauen müssen sich rechtfertigen, warum sie als „geborener Mann“ nun als Frau verstanden werden will. Nur mal ein Fun Fact, bis 2011 mussten sich gesunde Transsexuelle die keine Geschlechtsangleichung gemacht haben sterilisieren lassen! Aber das interessiert ja keinen, der keine Geschlechter“störung“ (es als Krankheit darzustellen zeigt, dass ein gesellschaftliches Stigma herrscht, wie bis in die 60er Jahre bei Homosexualität) besitzt.
Sprache bedeutet Einschluss oder Ausschluss und jede_r kann entscheiden, ob ihr/sein „literarisches Auge“ mehr geschädigt wird, als es für sinnvoll erachtet wird nicht nur von (männlichen) Politikern oder im nächsten Schritt zusätzlich von weiblichen Politikerinnen zu sprechen, sondern vielleicht eine eine gänge Methode zu nutzen, um auch Menschen einzubeziehen, die sich nicht einer dieser beiden Kategorien zuweisen lassen wollen (Politiker_innen, Politiker*innen, PolitikerInnen etc.).

Wir alle wissen welche Macht Sprache besitzt und wir benutzen sie täglich, um alle Menschen um uns herum zu „manipulieren“ (das ist das, was Kommunikation immer macht). Wir können entscheiden, wie wir unsere gesellschaftliche Realität hin manipulieren wollen. Ob wir Inklusion oder Exklusion wollen. Und häufig sind wir uns solchen Dingen nicht bewusst, weil wir nie in solch eine Situation kommen ausgeschlossen zu werden, bspw. als Frau die weil sie eine Frau ist keine Führungsposition bekommt, als Kind das von Wahlen ausgeschlossen wird, als Gehörlose_r der/die keine Untertitel in öffentlich-rechtlichem Fernsehen trotz GEZ-Gebühren ab dem Jahr 2013 bekommt, als Blinde_r dem/der öffentliche Informationen nicht barrierefrei zur Verfügung gestellt werden oder als Rollstuhlfahrer_in, für den/die es keine Rampe gibt.

Es ist wichtig darüber zu diskutieren, ob und warum wir ALG-II-Bezieher_innen nicht Hartz-4-er , Migrant_innen nicht Ausländer, Menschen mit körperlicher Behinderung nicht Krüppel oder Invalide („Wertlose“) bzw. Menschen mit „geistiger Behinderung“ nicht Irre, Schwachsinnige oder Geisteskranke genannt werden sollten. Und wenn, dann sollten nur sie sich so nennen dürfen (Emanzipation, Empowerment, Selbstbestimmung etc.).

Sprache ist einer unserer stärksten Machtmittel überhaupt.

Links zu Geschlecht, Sexualität und Sprache (Juli 2011)

Über Homophobie im Dancehall & Reggae und dem Bounty Killer Konzert in Berlin auf indymedia

Über Sprache, Geschlechter und Berufe auf Wissenslogs

Über Intersexualität und die WM 2011 auf zwischengeschlecht

Über „geschlechtsangeleichende Operationen“ an Intersexuellen und „Genitalverstümmelungen“ in Nordafrika und dere Wahrnehmung auf zwischengeschlecht

Österreichs Nationalhymne, Gender und Urheberrecht

Im Januar 2012 soll eine Neufassung der österreichischen Bundeshymne in Kraft treten. Es geht um die 1. Strophe:

Land der Berge, Land am Strome,
Land der Äcker, Land der Dome,
Land der Hämmer, zukunftsreich!
Heimat bist du großer Söhne,
Volk, begnadet für das Schöne,
Vielgerühmtes Österreich,
Vielgerühmtes Österreich.

 

Die Sängerin Christina Stürmer hatte im Jahr 2010 den Song verändert, indem sie (aus der oben hervorgehobenen) Zeile „Heimat bist du großer Söhne und Töchter“ machte. Daraufhin zogen die Erben von Paula Preradovićs, deren Lied 1946 von einer Jury zur Nationalhymne erhoben wurde, vor Gericht, um diese Veränderung an dem Lied anzufechten. Letztlich wurde die Klage abgewiesen, da laut der Richterin die Urheberrechte auf den Staat übergegangen sind und das Oberlandesgericht Wien zum anderen die Veränderung der Strophe als zeitgemäßes gesellschaftspolitisches Anliegen verteidigte.

Die ehemalige Frauenministern hat nun nach reichlicher „Kritik“ einiger männlichen Kollegen durchsetzen können, dass die Strophe vermutlich in ähnlicher Form wie der Christina Stürmers umgeschrieben wird. Ein gutes Zeichen für die Gleichberechtigung von Frauen ist es zumindest, schließlich stellt nicht nur der Ausschluss einer Gruppe eine Form von Diskriminierung dar, sondern auch die bewusste Nicht-Benennung einer solchen. Dass eine Nationalhymne allein auf eine männlich geprägte Kulturgeschichte verweist, wird der Rolle der Frauen in der österreichischen Geschichte nicht gerecht (um es mal freundlich auszudrücken).

Die Strophe könnte womöglich in „Heimat großer Töchter, Söhne“ oder „Heimat großer Töchter und Söhne“ (Hörbeispiel ab 1:30 min im Stream bzw. Direktlink zur MP3/OGG). Eine Kommission aus u.a. Musik- und SprachwissenschaftlerInnen wird sich dieser Frage in den nächsten Monaten widmen.

Update: Auf Wissenlogs ist dazu ein interessanter Beitrag gebloggt wurden, der auch kurz auf die deutsche Hymne eingeht oder das Ersetzen von „Söhne und Töchter“ durch „Menschen“ (alternativ dazu vielleicht auch „Kinder“?) vorschlägt.